Das hat Stress mit Typ 2 Diabetes zu tun
Wie das Stresshormon Cortisol unseren Blutzuckerspiegel verändert und was das für Menschen mit Typ 2 Diabetes bedeutet.
Mit Diabetes zurück zur Normalität. Tipps von einem Betroffenen, wie eine hohe Lebensqualität auch langfristig mit Diabetes möglich ist.
Kurz vor Weihnachten 2017 erhält der heute 52-jährige gelernte IT-Systemelektroniker Jörg überraschend die Diagnose Typ 2 Diabetes. Was ihn zunächst schockiert, erweist sich im Nachhinein als positive Veränderung und lässt ihn heute, fünf Jahre später, auch mit Typ 2 Diabetes eine hohe Lebensqualität genießen. Bis dahin war es ein mitunter steiniger Weg, voller Herausforderungen und Veränderungen, die es zu meistern galt. „Aber die Diagnose hat bei mir eine Art Schalter umgelegt. Meine früheren Diätversuche blieben erfolglos, schnell fiel ich immer wieder in den Jojo-Effekt zurück. Jetzt, indem ich meine Lebensweise nachhaltig verändert habe, passiert das nicht mehr. Seit der Diagnose konnte ich mein Körpergewicht um insgesamt 25 Kilo reduzieren“, resümiert Jörg den durchlebten Wandel der letzten fünf Jahre.
Mithilfe von regelmäßiger Bewegung und einer für ihn passenden nachhaltigen Ernährungsumstellung auf Low Carb ist es ihm gelungen, mit Typ 2 Diabetes ein normales Leben zu führen. Heute ist Jörgs Blutzucker so gut eingestellt, dass er keinerlei regulierende Medikamente einnehmen muss, was er bei regelmäßigen ärztlichen Kontrollen checken lässt.
Vielen Menschen mit Typ 2 Diabetes fällt die Ernährungsumstellung nach der Diagnose zunächst schwer. Wie sollen etwa Restaurantbesuche nun ablaufen? Kann ich weiterhin unbeschwert mit Freunden und Familie ins Lieblingslokal? Fragen, die du dir vielleicht auch noch einige Zeit nach deiner Diagnose stellst. Jörg kennt dieses Gefühl: „Nach meiner Diagnose habe auch ich erst mal für einige Zeit Restaurants gemieden. Früher gab es beim Italiener für mich eine große Pizza und einen kleinen Salat. Heute aber weiß ich es besser und gönne mir bei besonderen Anlässen eine kleine Pizza mit einem großen Salat. Ansonsten vermeide ich generell Nudelgerichte und wähle stattdessen ein Fleisch- oder Fischgericht.“ So kann Jörg auch weiterhin in guter Gesellschaft zu seinem Lieblingsitaliener.
Dabei ist es in Ordnung, ab und zu über die Maße hinaus zu genießen. Das ist völlig normal und passiert jedem mal – auch Menschen mit langer Erfahrung im Umgang mit Typ 2 Diabetes. Wichtig ist dann zu wissen, wie du dich anschließend am besten verhältst. „Ich bin der Meinung, dass man dem sehr gut entgegenwirken kann. Denn esse ich doch einmal mehr als ich sollte, achte ich anschließend darauf, dass ich mich viel bewege, etwa durch einen ausgiebigen Verdauungsspaziergang. Das ist auch eine gute Gelegenheit, um mit den Freunden den Abend ausklingen zu lassen. So kann ich den negativen Auswirkungen gut entgegensteuern und ein geselliger Abend mit Freunden und Familie im Restaurant stellt heute kein Problem mehr dar.“
Und falls du auch mal Lust hast, ein ganz neues Lokal
auszuprobieren, hat Jörg ebenfalls einen Tipp. „Es kann helfen, sich
Fotos der Speisen vorab online anzuschauen. So kann man die
Portionsgröße vor dem Restaurantbesuch besser einschätzen. Zudem kann
ich nur empfehlen, ein besonderes Augenmerk auf das Angebot der
kohlenhydratreichen Beilagen zu legen und diese falls nötig
auszutauschen.“
Auch für besondere und individuelle Vorlieben lassen sich gesündere Alternativen finden. Jörg etwa hat sich insbesondere mit dem Zuckerkonsum beschäftigt. Da Zucker den Blutzuckerspiegel in die Höhe treiben und zu Übergewicht führen kann, setzt Jörg heute auf zuckerarme Alternativen. Wer beispielsweise gerne Eis isst, für den hat er einen ganz besonderen Tipp: eine eigene Eismaschine. „Meine Frau und ich haben uns die gekauft, um zu Hause selbst Eis ohne Zucker machen zu können. Die Idee kam uns, als wir in der Stadt bummeln waren und an einer Eisdiele vorbeikamen. So kommen wir jederzeit an leckeres Eis – und das ganz ohne Zucker.“ Anstatt sich mit Freunden im Eiscafé zu treffen, kann Jörg sie nun zu sich nach Hause zur privaten Eisverkostung einladen.
Gemeinsam sind Veränderungen viel leichter zu etablieren, dabei müssen deine Freunde oder Familienangehörige nicht ebenfalls Typ 2 Diabetes haben. Jörg etwa kann in allen Lebenslagen auf die Unterstützung seiner Frau zählen. „Meine Frau hat mich von Anfang an unterstützt und steht mir tatkräftig zur Seite, dafür bin ich sehr dankbar. Beispielsweise kochen und essen wir immer gemeinsam zu Hause, so halten wir uns an den gleichen Ernährungsplan, auch ohne, dass sie an Typ 2 Diabetes erkrankt ist.“ So setzten sich Jörg und seine Frau ganz bewusst gemeinsam mit einer gesunden Ernährung auseinander, und beide profitieren von den positiven Konsequenzen.
Der Umgang mit Freunden und Familien kann erstmal eine Umstellung oder gar Konfrontationen nach sich ziehen. Dabei können gerade der Rückhalt und die Unterstützung in deinem Umkreis sehr wichtig sein und deine Lebensqualität erhöhen. Dass diese Umstellung Zeit braucht, ist vollkommen normal. Jörg musste diesbezüglich auch Hürden überwinden. „Anfangs erhielt ich bei Familienfeiern oft die Aussagen ‚nun habe dich nicht so‘ oder ‚du kannst ruhig auch einmal eine Ausnahme machen‘. Aber genau diese sich wiederholenden Ausnahmen haben mich in erster Linie krank gemacht. Deshalb weiß ich wie wichtig es ist, standhaft zu bleiben, sich nicht klein kriegen zu lassen und sich nicht reinreden zu lassen. Behalte deine Ziele im Auge und lass dich nicht von anderen verbiegen.“
Heute sind solche Aussagen und Überredungsversuche passé. Jörgs soziales Umfeld zeigt für seine Erkrankung Verständnis und akzeptiert seine neuen Lebensgewohnheiten. Du solltest dir also selbst treu bleiben und dich nicht beirren lassen, auch wenn aller Anfang schwer sein kann. Wichtig ist dabei auch, zu beachten, dass du dich nicht stressen lässt, denn jeder findet in seinem eigenen Tempo zurück zu einem normalen Alltag und zu einem passenden Umgang mit Anderen.
Ein offener Umgang mit deiner Erkrankung, gerade im eigenen sozialen Umfeld, kann dir helfen, besser mit der Diagnose Typ 2 Diabetes zu leben. „Ich kann dir nur empfehlen, über deine Erkrankung offen und ehrlich zu reden. Es ist sehr wichtig, anderen deine Situation und Umstände mitzuteilen und sich nicht dafür zu schämen. Denn sonst entstehen mitunter Reibungen, weil manche deiner Entscheidungen ohne dieses Wissen nicht nachvollzogen werden können. Zum Beispiel wissen meine Freunde, dass ich keinen stark zuckerhaltigen Kuchen mehr esse. So werde ich nicht wiederholt dazu ermutigt, doch welchen zu essen. Denn wenn man das zu oft hört, sind die Chancen einzuknicken und den Aufforderungen seiner Freunde nachzugeben hoch. Dieses Dilemma lässt sich mit Offenheit und Ehrlichkeit leicht vermeiden.“ Von der offenen Kommunikation profitieren entsprechend beide Seiten.
Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, nicht der ‚Lehrmeister‘ für andere zu werden. „Diesen Fehler habe ich selbst anfangs gemacht. Damals habe ich mein soziales Umfeld wiederholt auf die Auswirkungen von zu viel Zucker hingewiesen und sie versucht zu warnen, nicht den gleichen Fehler wie ich zu machen“, so Jörg über seine Erfahrungen. „Aber das ist ermüdend und es ist auch nicht meine Aufgabe. Jetzt lebe ich nach dem Motto: ‚Jeder ist für sich und seine Entscheidungen selbst verantwortlich‘“. So kommt es zu keinen Reibungen mehr bei Treffen mit Freunden und Familie. Richte also lieber deinen Fokus und deine Energie auf dich selbst und konzentriere dich auf Dinge, die du verändern und beeinflussen kannst.
Jörgs Weg zurück zur Normalität ist zwar geprägt von neuen Lebensweisen und Lebenseinstellungen, jedoch nicht von einem Gefühl des Verzichts. „Ich habe mich bewusst für diese neue Lebensweise entschieden und muss in diesem Sinne auf nichts aktiv verzichten. Es ist vollkommen in Ordnung für mich, dass ich mir Alternativen suche und ich trauere dementsprechend auch nichts nach. So kann ich ein ganz normales und erfülltes Leben führen und auch weiterhin meine sozialen Kontakte wie gewohnt pflegen.“
Und es gibt immer wieder Momente, die Jörg daran erinnern, wie sehr
er sein neues Leben zu schätzen weiß. „Vor meiner Diagnose habe ich
nach dem Verzehr von Kuchen jahrelang mit Sodbrennen gekämpft. Jetzt,
da ich keine stark zuckerhaltigen Lebensmittel, wie etwa Kuchen, mehr
zu mir nehme, habe ich das nicht mehr. Und ich möchte es auch ganz
gewiss nicht wieder erleben. Deshalb erinnere ich mich auch immer
wieder bewusst dran: Früher ging es mir schlechter, heute fühle ich
mich wohler und bin glücklicher.“
Natürlich wirst auch du immer mal wieder Rückschläge erleben und schwierigere Zeiten durchmachen. Aber, wenn du dich nachhaltigen und langfristigen Lebensweisen widmest, dir selbst treu bleibst und dich nicht von außen beirren lässt, steht auch deiner persönlichen und individuellen Reise zurück zur Normalität nichts im Weg.
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